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Montag, 13. Juni 2016

 
André Mouton
Unverhoffte Wiederkehr aus dem Harz 
Goslar / Brumby (1999) 


André Mouton hat seine teilweise schrecklichen und jegliches Fassungsvermögen übersteigenden Erinnerungen an Nazi-Deutschland in den '70er Jahren für seine Frau geschrieben und ein Vierteljahrhundert später noch einmal überarbeitet.
Ins Auge fällt dabei die Einfachheit und mit ihrer Unmittelbarkeit die Eindringlichkeit der Sprache, die aber, um nicht am Geschilderten zu zerbrechen, eine seltsam anmutende Distanz bewahrt.
Eingestreut in den Prosatext sind acht Gedichte in französisch und deutsch sowie etliche Bilder und Zeichnungen, die dem Lesenden als Orientierung dienen, aber auch zur Veranschaulichung.
Der deutsche Herausgeber nennt das Buch eine "Hommage an alle, die während der Deportation gestorben sind".
André Mouton hat seinen Weg von der plötzlichen Verhaftung und Deportation über das KZ Buchenwald in das KZ Dora bei Nordhausen, vor allem aber den sogenannten Todesmarsch im April 1945 als Flucht vor den heranrückenden US-amerikanischen Truppen aufgezeichnet.
Als sich Anfang April 1945 amerikanische Truppen der südlichen Harzregion näherten, versuchte man die KZ-Häftlinge, die in Rüstungsfabriken und auf Großbaustellen Zwangsarbeit verrichten mussten, in frontfernere Konzentrationslager, insbesondere Bergen-Belsen und Sachsenhausen zu überführen. 
So wurden in den ersten Apriltagen des Jahres 1945 "....allein im südlichen und westlichen Harzvorland aus dem KZ Mittelbau Dora und seinen zahlreichen Aussenlagern zwischen Osterode und Sangerhausen über 40 000 KZ-Häftlinge nach Nordwesten in Marsch gesetzt. Vier Wochen später, bei Kriegsende, waren gut ein Viertel davon tot: verhungert, verdurstet, erstickt, erschlagen, erschossen, bei lebendigem Leibe verbrannt oder an Krankheiten (vor allem an Typhus) gestorben. Nicht ohne Grund nannte der britische Historiker Gerald Reitlinger die KZ-Evakuierungen  "Das letzte und schlimmste der von den Nazis im Kriege begangenen Massenverbrechen". 
Am letztem Wochenende bin ich genau diesen 40km langen Todesmarsch noch einmal nachgegegangen. Es ist fast unvorstellbar zu begreifen, welches Leid, welche Qual die Häftlinge erleiden mussten.
André Mouton setzte sich sehr lange für die Aufarbeitung der Geschichte und gegen das Vergessen ein. 
Es hat mir fast das Herz gebrochen als ich von seinen Verwandten erfuhr, dass er heute sehr unter Demenz leidet und nur noch in einer KZ Welt lebt.

Die sich des Vergangenen nicht erinnern,
sind dazu verurteilt,
es noch einmal zu erleben.
(George Augustin Nicolas de Santayana, 1863-1952)





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